Einsatz elektrischer Anlagen auf Baustellen

| Michael Lochthofen | Normen & Regelwerke, Prüfen & Praxis

Baustromverteiler neue Ausführung

Ohne Baustrom keine Baustelle

Baustromversorgung war eines der ersten Anwendungsfelder für Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen (RCDs). Durch den Einsatz neuer elektrischer Betriebsmittel/Arbeitsmittel ergeben sich veränderte Anforderungen und sogar Wechselwirkungen für die Baustromversorgung.

Richtiger Einsatz von RCDs (Fehlerstrom-Schutzeinrichtungen)

RCDs stellen bereits seit vielen Jahren eine bewährte und normativ geforderte Sicherheitsbeschaltung in elektrischen Anlagen auf Baustellen dar. Bei den modernen (Antriebs-) Techniken, die heutzutage Anwendung in den Baugeräten finden, sind auch zeitgemäße Schutzmaßnahmen erforderlich. Jeder kennt in der Zwischenzeit eine Vielzahl von Geräten mit Drehzahlsteuerung/Sanftanlauf wie z. B. bei handgeführten Elektrowerkzeugen oder Kran- und Aufzugsanlagen, Silos, Mischern und vielen weiteren Geräten.

Diese neuen Geräte können jedoch nicht mehr sicher mit den seit Jahrzehnten eingesetzten RCDs vom Typ A (siehe Bild 1) betrieben werden. Sind noch RCDs vom Typ A in der Stromversorgung, so ist bei dem Einsatz dieser neuen Geräte, keine sichere Abschaltung im Fehlerfall gewährleistet. Für Laien ist es nahezu unmöglich und für Profis in der Praxis nur schwer zu erkennen, welche Anforderungen das entsprechende elektrische Betriebsmittel an den vorgeschalteten RCD stellt. Aus diesem Grunde wurde durch die Herausgabe der DIN VDE 0100-704 vom Oktober 2018 eine einheitliche und technisch längst überfällige Festlegung getroffen.

Wichtig für elektrische Anlagen auf Baustellen ab spätestens 18.05.2021:


Drehstrom-Steckdosen bis einschließlich 63 A müssen mit einer Fehlerstrom-Schutzeinrichtung vom Typ B (siehe Bild 2) in Übereinstimmung mit EN 62423 geschützt werden.


 

Hier die aktuellen Anforderungen an die Stromkreise zur Versorgung von Steckdosen ab dem 18.05.2021 bei einem Baustromverteiler:

Steckdosentyp

RCD Typ

max. Fehlerstrom der RCDs

Schuko Typ A (Bild 1) 30 mA
CEE 16 A (blau) Typ A (Bild 1) 30 mA
CEE 16 A (rot) Typ B (Bild 2) 30 mA
CEE 32 A (rot) Typ B (Bild 2) 30 mA
CEE 63 A (rot) Typ B (Bild 2) 500 mA
CEE 125 A (rot) Nicht normativ geregelt (Empfehlung wie CEE 63 A)
RCD Typ A   
Bild 1 RCD Typ A

 

Bild 2 RCD Typ B
Bild 2 RCD Typ B

    

Wichtig

Zusätzlich ist zu beachten, dass vor RCDs vom Typ B keine RCDs vom Typ A verwendet werden dürfen. Eventuell auftretende Gleichfehlerströme können in dieser Anordnung verhindern, dass die vorgeschaltete RCD vom Typ A im Fehlerfall auslöst. (RCDs vom Typ A fahren ab ca. 6 mA Gleichfehlerstrom in eine magnetische Sättigung und können so verlangsamt oder gar nicht mehr auslösen).

Prüfung der RCD Schutzeinrichtung

Durch die Festlegung der Verwendung von RCDs Typ B können ältere Messgeräte diese Schutzeinrichtung meist nicht regelwerkskonform prüfen. Sie verfügen über kein geeignetes Messverfahren. Hier ist bei der Erst- und Wiederholungsprüfung darauf zu achten, dass nur geeignete Messgeräte, die einen RCD vom Typ B prüfen können, und nachweislich „zur Prüfung befähigte Elektrofachkräfte“ zum Einsatz gelangen.

Forderung von einer Einrichtungen zum Trennen (Hauptschalter) bei einem Baustromverteiler

Festangeschlossene Baustromverteiler mit Steckdosen müssen Einrichtungen zum Trennen der Einspeisung, die gegen Einschalten abschließbar und für Laien benutzbar sind, enthalten. Eine verschließbare Umhüllung ist nicht ausreichend. Ein Vorhängeschloss am Baustromverteiler genügt somit nicht mehr. Dies bedeutet, dass im Baustromverteiler  zusätzlich ein Hauptschalter vorhanden sein muss.

Zugelassene Leitungsbauarten/Leitungstypen

Da gerade auf Baustellen die Umgebungsbedingungen oftmals große Belastungen aufweisen, ist die richtige Auswahl der flexiblen Leitungen und deren Bauart ein wichtiger Sicherheitsfaktor.

Derzeit sind folgende Bauarten für den Anschluss der Baustromversorgung zugelassen:

  •    schwere Gummischlauchleitung                                   Bezeichnung H07RN-F
  •    besonders widerstandsfähige Leitung                         Bezeichnung (N)SSHÖU
  •    NEU! Polyuretanleitung                                                  Bezeichnung H07BQ-F

Achtung

Bei Leitungen mit der Bezeichnung H07BQ-F bestehen Einschränkungen in der Verwendung. Nicht beständig gegenüber großen thermischen Einwirkungen, demnach keine Eignung z. B. für Schweißarbeitsplätze (Schweißperlen) oder vergleichbare Umgebungsbedingungen.

Wichtig

Bei der NEUEN Ausführung von Baustromverteilern sind folgende Punkte zu beachten:

  • Abschalteinrichtungen, z. B. Hauptschalter
  • Einsatz geeigneter RCD-Typen
  • Richtige Auswahl zugelassener Leitungstypen
  • Bei den Prüfungen nur geeignete Messgeräte verwenden

Baustromverteiler_abgehakt

Übergangsfrist

In der Übergangszeit bis zum 18.05.2021 durften sowohl Baustromverteiler nach der ALTEN wie auch der NEUEN Ausgabe der Norm DIN VDE 0100-704 aufgebaut und angeschlossen werden. Aktuell dürfen Baustromanlagen nach alter Norm nicht mehr geändert werden, ohne sie an die neue Norm anzupassen. Bei einer neuen Aufstellung oder einer Änderung an der Anschlussstelle ist ab dem 18.05.2021 nur noch der Baustromverteiler nach der NEUEN Norm zulässig. Bei einer „Kombination“ aus alten und neuen Baustromverteilern sind weitere Punkte zu beachten.

Fazit

Die in vielen Baugeräten eingesetzten modernen Antriebstechniken erfordern zeitgemäße Schutzmaßnahmen bei der Stromversorgung. Auch die Netztrenneinrichtung (Hauptschalter) ist in vielen Ländern Europas schon lange Pflicht. Für viele Bauunternehmen bedeutet dies jedoch auch deutliche Investitionen.

Leider sind die nun NEUEN Anforderungen an die Baustromversorgung in vielen Fällen nur mit einer Neuanschaffung der Baustromverteiler mit geeigneter Ausstattung zu erreichen.

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