Windenergieanlagen rechtssicher betreiben

| Sebastian Schmidt | Rechtssichere Organisation Elektrotechnik, Zukunftsthemen, Energie

Foto-Windkraft-anlage

Betreiber von technischen Anlagen haben eine Vielzahl an Regelungen und Pflichten zu beachten, um deren sicheren Betrieb zu gewährleisten. Für Betreiber von Windenergieanlagen kommen spezielle Pflichten hinzu, die sich aus dem Umstand ergeben, dass sie mit der Windkraftanlage zugleich eine elektrotechnische Anlage betreiben. Hierfür gelten besondere Regelungen.

Betreiberverantwortung

Grundsätzlich ist der Unternehmer/Betreiber (gemäß Bundes-Immissionsschutzgesetz – BImSchG) verpflichtet, die notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Schäden anderer durch seine errichtete Gefahrenquelle (Windenergieanlagen) zu verhindern. Demzufolge hat der Unternehmer/Betreiber in erster Linie für den sicheren und ordnungsgemäßen Zustand und Betrieb seiner Windenergieanlage Sorge zu tragen. Anders ausgedrückt, darf er seine Anlage nicht einfach „verkommen“ lassen. Hierbei hat er gemäß Gesetz und Verordnung die anerkannten Regeln der Technik oder den Stand der Technik zu beachten.

Verantwortung? Nie gänzlich übertragbar!

Diese Verantwortung für den sicheren Betrieb kann der Unternehmer/Betreiber nie vollständig anderen übertragen. Auch wenn er seine Unternehmerpflichten delegiert (siehe dazu unten: „Worauf ist bei der Übertragung von Betreiber-/Unternehmerpflichten an einen Verrichtungsgehilfen zu achten?“), bleibt die Verantwortung für die Personalauswahl, deren Einweisung, Überwachung und Erteilung der erforderlichen Befugnisse und Ressourcen weiterhin bei ihm.

Wie wird der Unternehmer seiner Betreiberverantwortung gerecht?

Wie kann der Unternehmer/Betreiber sicher gehen, dass er beim Betrieb einer Windkraftanlage die notwendigen Vorkehrungen trifft, damit niemand durch die Windenergieanlage zu Schaden kommt?

Vermutungswirkung:

Wer VDE-Normen einhält, beachtet die anerkannten Regeln der Technik und gewährleistet dadurch die technische Sicherheit der Anlage!

In Bezug auf den sicheren elektrotechnischen Betrieb der Windenergieanlage, kann der Unternehmer/Betreiber eine sogenannte „Vermutungswirkung“ für sich in Anspruch nehmen, wenn er sich an die allgemeinen anerkannten Regeln der Technik hält. Hier sind insbesondere die VDE-Normen zu nennen, welche über die Nennung in § 49 des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) einen quasi rechtverbindlichen Charakter bekommen.

Vorgaben der VDE-Normen für den sicheren Betrieb elektrischer Anlagen

In den VDE-Normen werden konkrete Vorgaben für den Betrieb von elektrischen Anlagen aufgestellt, insbesondere in der DIN VDE 0105-100 inkl. der DIN VDE 0105-100/A1 sowie in der DIN VDE 1000-10.

Beide Normen geben dem Unternehmer/Betreiber Vorgaben, welche er, sofern er die Ressourcen und Kompetenzen dazu innehat, selbst ausführen kann oder im gegenteiligen Fall an geeignete Fachkräfte übertragen bzw. delegieren muss.

Wer ist der (elektrische) Anlagenbetreiber der Windenergieanlage?

Der Unternehmer/Betreiber einer Windenergieanlage kann die Rolle des Anlagenbetreibers gemäß DIN VDE 0105-100 selbst ausführen oder dies in schriftlicher Form im vollen oder auch nur in Teilbereichen von einer dritten Person, z. B. einem technischen Betriebsführer wahrnehmen lassen.

Folgen mangelnden Fachwissens für den Betreiber der Windenergieanlage

Jedoch muss der jeweilige Anlagenbetreiber, wenn er nicht selbst das elektrotechnische Fachwissen innehat, die aus seiner Verantwortung entstehenden Rechte und Pflichten an eine geeignete Person – eine verantwortliche Elektrofachkraft – übertragen, welche ihn bei seiner Tätigkeit unterstützt.

Hierzu lässt sich aus der DIN VDE 1000-10 ableiten, dass jeder Betrieb, der über einen elektrotechnischen Betrieb bzw. Betriebsteil verfügt, verpflichtet ist, eine verantwortliche Elektrofachkraft zu bestellen (zur Definition und zu weiteren Bestimmung einer verantwortlichen Elektrofachkraft siehe unsere Seite zum Thema VEFK.

 

Sicht der beteiligten Personen mit Hinblick auf den Betrieb von Windparks oder Windenergieanlagen:

Variante 1: Unternehmer führt Tätigkeiten im Anwendungsbereich der DIN VDE 1000-10 selbst aus oder lässt sie von Beschäftigten ausführen

Wer als Unternehmer entsprechende Tätigkeiten gemäß Abschnitt 1 an einer elektrischen Anlage selbst durchführt oder von (seinen) Beschäftigten durchführen lässt, muss über eine gemäß DIN VDE 1000-10 Abs. 3.1 oder 5.3 – schriftlich bestellte – verantwortliche Elektrofachkraft verfügen.

Variante 2: Der Unternehmer delegiert seine Pflichten an einen technischen Betriebsführer der Windenergieanlage

Delegiert der Unternehmer/Betreiber den ordnungsgemäßen Zustand und sicheren Betrieb der Windenergieanlagen in vollem Umfang an einen Dritten, z. B. technischen Betriebsführer, braucht der Unternehmer/Betreiber zunächst selbst keine verantwortliche Elektrofachkraft, da er keine Tätigkeiten im Anwendungsbereich der DIN VDE 1000-10 Abschnitt 1 durchführt.

Variante 3: Der Unternehmer/Betreiber überträgt nicht in vollem Umfang seine Verantwortung

Überträgt der Unternehmer/Betreiber den ordnungsgemäßen Zustand und sicheren Betrieb nicht im vollen Umfang und trifft kausale Entscheidungen hinsichtlich des Betriebs der Windenergieanlage selbst oder führt eine Tätigkeit im Anwendungsbereich der DIN VDE 1000-10 Abschnitt 1 aus oder beauftragt diese, so benötigt er eine verantwortliche Elektrofachkraft mit dem notwendigen elektrotechnischen Fachwissen.

Weshalb der technische Betriebsführer einer Windenergieanlage eine VEFK sein bzw. haben muss.

Das delegationsempfangende Unternehmen, z. B. der technische Betriebsführer, muss nicht nur aufgrund der Übernahme der Verantwortung für den sicheren Betrieb und Erhalt des ordnungsgemäßen Zustands der Anlage über die Kompetenzen einer verantwortlichen Elektrofachkraft gemäß DIN VDE 1000-10 verfügen, sondern auch aus weiteren Gründen.

Hierzu sind bespielhaft folgende Tätigkeiten genannt:

  • Das Betreiben bzw. der Betrieb in vollem oder Teilumfang der Windenergieanlage oder deren Subsystemen;
  • das Einsetzen von Mitarbeitern für Begehungen von Windenergieanlagen (gemäß DGUV Information handelt sich die Windenergieanlage und derer Subsystem um eine abgeschlossene elektrische Anlage);
  • die Erstellung von Gefährdungsbeurteilungen und Arbeitsanweisungen für Tätigkeiten im elektrotechnischen Bereich;
  • Festlegen der Arbeitsverfahren;
  • Leitung und Aufsicht der eingesetzten Mitarbeiter;
  • Fremdfirmenkoordination bei der Beauftragung von Fremddienstleistungen.

Worauf ist bei der Übertragung von Betreiber-/Unternehmerpflichten an einen Verrichtungsgehilfen zu achten?

Bei der Übertragung von Betreiber-/Unternehmerpflichten an einen Verrichtungsgehilfen, muss der Unternehmer/Betreiber die entsprechende Sorgfaltspflicht bei der Auswahl wahren. Er darf nur ausreichend qualifiziertes Personal für die Übernahme der ihm obliegenden Pflichten heranzuziehen.

Auswahlverantwortung

Daher ist bei der Beauftragung zum einen darauf zu achten, dass der zukünftige Verrichtungsgehilfe über geeignete Fachkompetenzträger zur Wahrung eines betriebssicheren Zustands der elektrischen Anlagen in seinem Unternehmen (der Windenergieanlage) verfügt. Zum anderen muss der Unternehmer/Betreiber den Verrichtungsgehilfen mit den nötigen Entscheidungs- und Umsetzungskompetenzen bevollmächtigen, dass eine Umsetzung der Pflichten ermöglicht wird.

Pflichten, die trotz Delegation beim Unternehmer/Betreiber verbleiben

Wie so oft im Haftungsrecht, verbleiben aber auch bei der Delegation von Aufgaben weiterhin Pflichten beim Unternehmer/Betreiber, die trotz vermeidlicher Weitergabe der Verpflichtung und Haftung über einen Vertrag nicht delegiert werden können.

Pflicht, Fremdfirmen zu kontrollieren

Der Unternehmer/Betreiber hat als Auftraggeber gemäß Arbeitsschutzgesetz § 8 Absatz 2 die Pflicht, sich je nach Art der Tätigkeit zu vergewissern, ob die Beschäftigten anderer Arbeitgeber, die in seinem – im übertragenen Sinne – Betrieb tätig werden, hinsichtlich der Gefahren für ihre Sicherheit und Gesundheit während ihrer Tätigkeit in seinem Betrieb (hier der Windenergieanlage) angemessene Anweisungen erhalten haben.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass die direkte Arbeitsschutzverantwortung gegenüber Beschäftigten hier nicht etwa auf den Unternehmer/Betreiber übergeht. Die Pflicht besteht darin, sich „zu vergewissern“, dass der Arbeitgeber der beauftragten Fremdfirma seinen Verpflichtungen im Verhältnis zu seinen Beschäftigten nachgekommen ist.

Nachweis der fachlichen Eignung der eingesetzten Beschäftigten

Im Übrigen ist darauf zu achten, dass die persönliche und fachliche Eignung der eingesetzten Beschäftigten nachweislich gewährleistet ist. Dies kann in der Praxis für grundlegende Qualifikationen durch den Arbeitgeber der Fremdfirma schriftlich bestätigt werden und bei Tätigkeiten, die besondere Sachkunde erfordern, durch die Vorlage von konkreten Befähigungsnachweisen erfolgen. In beiden Fällen muss eine inhaltliche Bewertung der erhaltenen Unterlagen erfolgen.

Verweis: §49 Energiewirtschaftsgesetz, Anforderungen an Energieanlagen

 

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