Ist eine Elektrofachkraft automatisch eine zur Prüfung befähigte Person?

| Stefan Euler | Normen & Regelwerke, Prüfen & Praxis

EFK-BP-Frage-2

Oh  nein!
Es hatte sich leider der Fehlerteufel eingeschlichen. Es gab einen Zahlendreher in der DIN VDE 1000-10. Diesen haben wir korrigiert.


Das Anforderungsprofil und die Aufgaben von Elektrofach­kräften und zur Prüfung befähigten Personen sind ähnlich. Das führt immer wieder zu der Vermutung, eine Elektrofachkraft sei zugleich auch immer eine zur Prüfung befähigte Person. Dem ist aber nicht so.

Die Unterschiede betreffen vor allem die Funktion innerhalb der Betriebsorganisation. Wie ihr Name schon nahelegt, ist die zur Prüfung befähigte Person für die Prüfung von Arbeitsmitteln zuständig. Eine Elektrofachkraft hat ein weiteres Aufgabenspektrum.

Unterschiedliche Regelwerke

Während die Elektrofachkraft in einer Unfallverhütungsvorschrift von Sozialversicherungsträgern definiert und von privaten Verei­nen (DIN, VDE) in die Normung aufgenommen wurde, stammt der Begriff der zur Prüfung befähigten Person aus den Regelwerken des Staates (Betriebssicherheitsverordnung und Technische Regeln zur Betriebssicherheit).

Definition der „zur Prüfung befähigte Person“

Die Definition der zur Prüfung befähigten Person in der Betriebssicherheitsverordnung (§ 2 Abs. 6) bezieht sich auf die Prüfung von Arbeitsmitteln:

Zur Prüfung befähigte Person ist eine Person, die durch ihre Berufsausbildung, ihre Berufserfahrung und ihre zeitnahe berufliche Tätigkeit über die erforderlichen Kenntnisse zur Prüfung von Arbeitsmitteln verfügt …

§ 2 Abs. 6 BetrSichV

Arbeitsmittel gemäß Betriebssicherheitsverordnung sind

Werkzeuge, Geräte, Maschinen oder Anlagen, die für die Arbeit verwendet werden, sowie überwachungsbedürftige Anlagen.

§ 2 Abs. 1 BetrSichV

Rolle des Arbeitgebers

Bei der Beauftragung einer zur Prüfung befähigten Person verpflichten die staatlichen Regelwerke den Arbeitgeber, die Prüfaufgaben zu definieren und die notwendige Qualifikation sicherzustellen (zu der Qualifikation einer zur Prüfung befähigten Person siehe Beitrag „Befähigte Person“) . Die Betriebssicherheitsverordnung und die TRBS 1203 betonen ausdrücklich die Auswahlverantwortung des Arbeitgebers (zur Verantwortung des Arbeitgebers bei der Auswahl der zur Prüfung befähigten Person siehe Beitrag „Befähigte Person“) .

Definition der Elektrofachkraft

Eine Elektrofachkraft kann in einem Fachbereich der Elektrotechnik übertragene Aufgaben beurteilen und mögliche Gefahren erkennen. Mit anderen Worten, ein wesentliches Merkmal einer Elektrofachkraft ist, dass sie elektrotechnische Arbeiten eigenverantwortlich und selbstständig durchführen kann. Voraussetzung ist eine bestimmte Qualifikation. Sie be­steht neben einer fachlichen Ausbildung aus Berufserfahrungen und Kenntnissen in einem Fachbereich der Elektrotech­nik und Kenntnisse der für den Fachbereich relevanten elektrotechnischen Regelwerke. Auch für die richtige Auswahl der Elektrofachkraft trägt der Arbeitgeber die Verantwortung.

EFK-BP-Projektor

Synopse: Elektrofachkraft und zur Prüfung befähigte Person

Elektrofachkraft gemäß DGUV Vorschrift 3 / DIN VDE 0105-100 /DIN VDE 1000-10

  • Begriff ist nur in der Elektrotechnik anzutreffen
  • Der Begriff deckt innerhalb der Elektrotechnik ein weites Spektrum ab; bezogen auf den einzelnen Mitarbeiter bezieht er sich auf dessen konkretes und eingeschränktes Aufgabengebiet.
  • Qualifikation kann erlöschen (siehe DIN VDE 1000-10 (VDE 1000-10):2021-06 Anhang A Erläuterung zu 4.3)
  • Hohe Anforderungen an die Kenntnis von Vorschriften und Bestimmungen (siehe DIN VDE 1000-10 (VDE 1000-10):2021-06 Anhang A Erläuterung zu 3.1)
  • Schriftliche Beauftragung sinnvoll, aber nicht vorgeschrieben

Quelle: Stefan Euler und Ralf Ensmann

Zur Prüfung befähigte Person gemäß TRBS 1203 Abschnitt 3.1

  • Begriff ist im gesamten Arbeitsschutz anzutreffen
  • Der Begriff deckt innerhalb der Elektrotechnik ein spezielles, eng gefasstes Spektrum ab: Prüfungen zum Schutz vor elektrischen Gefährdungen.
  • Qualifikation kann erlöschen (siehe Forderung nach der zeitnahen Tätigkeit).
  • Hohe Anforderungen an die Kenntnis von Vorschriften und Bestimmungen (siehe TRBS 1203 Abschnitt 2 und 3.1)
  • Schriftliche Beauftragung sinnvoll

Hinweis

Die DIN VDE 1000-10 gibt es seit Juni 2021 in einer neuen Fassung. In der Neufassung haben sich die oben genannten Abschnitte geändert.

Fazit

Die Begriffe Elektrofachkraft und zur Prüfung befähigte Person beschreiben verschiedene Funktionen innerhalb einer elektrotechnischen Betriebsorganisation. Ein Mitarbeiter kann auch beide Funktionen ausfüllen. So kann ein Arbeitgeber eine Elektrofachkraft auch mit der Prüfung von Arbeitsmittel beauftragen – allerdings nur, wenn diese auch die Voraussetzungen einer Beauftragung zu einer zur Prüfung befähigten Person erfüllt (zu den Voraussetzungen siehe Beitrag „Befähigte Person“). Die Beauftragung sollte schriftlich erfolgen.

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