Ordnungsgemäße Prüfung und Inbetriebnahme von Photovoltaikanlagen

| Lars Nowara | Zukunftsthemen, Energie

PV-Verlegung

Die Planung und Errichtung einer Photovoltaikanlage setzt ein umfangreiches Fachwissen und präzise Koordination voraus. Doch mit der Montage allein ist es nicht getan – der Übergang in den laufenden Betrieb stellt eine ebenso entscheidende Phase dar. Eine fachgerechte Inbetriebnahme sichert nicht nur die optimale Leistung der Anlage, sondern legt auch den Grundstein für eine langfristig zuverlässige und sichere Stromerzeugung.
Nachfolgend werden die wesentlichen Aspekte der Inbetriebnahme, Abnahme und des laufenden Betriebs von Photovoltaikanlagen beleuchtet. Welche Schritte sind bei der Inbetriebnahme zwingend erforderlich und wie muss diese dokumentiert werden? Wie läuft eine ordnungsgemäße Abnahme ab? Welche Maßnahmen sind im kurz-, mittel- und langfristigen Betrieb zu beachten? Zudem wird erläutert, welche Wartungsarbeiten notwendig sind und wer diese durchführen darf.
Ein fundiertes Verständnis dieser Prozesse trägt dazu bei, die Lebensdauer und Effizienz der Anlage zu maximieren sowie potenzielle Risiken frühzeitig zu erkennen und zu vermeiden.

Inbetriebsetzung einer Photovoltaikanlage

Die Inbetriebsetzung einer Photovoltaikanlage ist ein entscheidender Schritt, der sorgfältig geplant und dokumentiert werden muss, um die normgerechte und sichere Einspeisung von Solarstrom in das öffentliche Netz zu gewährleisten. Neben den technischen Anforderungen sind auch regulatorische Vorgaben und die Netzanschlussbedingungen des jeweiligen Netzbetreibers zu berücksichtigen.

Der Prozess beginnt mit der Einreichung einer Fertigstellungsanzeige oder eines Inbetriebsetzungsantrags beim zuständigen Netzbetreiber. In diesem Antrag bestätigt der ausführende Elektrofachbetrieb durch die Unterschrift des in der Handwerksrolle eingetragenen technischen Betriebsleiters, dass die Anlage gemäß den anerkannten Regeln der Technik, den geltenden behördlichen Vorschriften sowie den relevanten Normen errichtet, geprüft und fertiggestellt wurde. Insbesondere spielen hier die VDE-Normen sowie die Technischen Anschlussbedingungen (TAB) des Netzbetreibers eine zentrale Rolle.

Erforderliche technische Dokumentation

Zusätzlich zur Fertigstellungsanzeige sind verschiedene technische Unterlagen beim Netzbetreiber einzureichen, um eine reibungslose und normgerechte Inbetriebnahme zu ermöglichen. Dazu gehören insbesondere:

  • Übersichtsschaltplan der PV-Anlage: Darstellung der elektrischen Verschaltung aller Komponenten
  • Beschreibung der eingesetzten Schutzeinrichtungen: Angaben zu RCDs, Überspannungsschutz und weiteren Sicherheitsmaßnahmen
  • Nachweis der Kurzschlussfestigkeit: Bestätigung, dass die Anlage den auftretenden Kurzschlussströmen standhält
  • Betriebsweise der Wechselrichter: Angaben zur Netzintegration, Frequenzstabilisierung und möglichen Einspeisemanagement-Funktionen
  • Konformitätserklärung der Wechselrichter: Nachweis, dass die Wechselrichter den geltenden Normen entsprechen
  • Beschreibung der Netzzuschaltung: Erklärung, wie die Anlage mit dem Stromnetz verbunden wird (z. B. über eine Netztrennstelle oder Einspeisepunkt)

Je nach Anlagengröße können auch weitere Dokumente, wie z. B. ein Anlagenzertifikat, notwendig sein.

Prüfungen und Abnahme durch den Netzbetreiber

Nach erfolgreicher Prüfung der eingereichten Unterlagen vereinbart der Netzbetreiber einen Termin zur Montage des PV-Zählers sowie zur Überprüfung der Anlage vor der endgültigen Inbetriebnahme. Diese Prüfungen erfolgen durch einen Vertreter des Netzbetreibers und umfassen:

  • Visuelle Inspektion der Anlage: Überprüfung auf normgerechte Installation und korrekte Umsetzung der Sicherheitsanforderungen
  • Vergleich mit den Planungsunterlagen: Kontrolle, ob die errichtete Anlage mit den eingereichten Dokumenten übereinstimmt
  • Überprüfung der Zugänglichkeit: Sicherstellung, dass alle relevanten Komponenten leicht erreichbar sind, insbesondere für Wartung und Inspektionen
  • Kontrolle des Potentialausgleichs: Messung und Sichtprüfung der Erdung und des Schutzleitersystems
  • Überprüfung der Messeinrichtung: Kontrolle der Zählerinstallation und des korrekten Anschlusses
  • Drehrichtungs- und Anlaufprüfung des PV-Zählers: Sicherstellung, dass die Zähler korrekt messen und die Energieeinspeisung korrekt erfasst wird

Abschluss der Inbetriebsetzung

Erst wenn alle Prüfungen erfolgreich bestanden wurden, erfolgt die Freigabe zur Netzeinspeisung. Die Anlage kann nun offiziell in Betrieb genommen werden und beginnt mit der Einspeisung von Solarstrom ins öffentliche Netz. Dieser Schritt markiert den Übergang vom Errichtungs- zum Betriebszustand der Anlage, weshalb eine sorgfältige Dokumentation der Inbetriebnahme erforderlich ist. Dazu gehört die Protokollierung aller durchgeführten Messungen, Prüfungen und Abnahmen, um späteren Nachweisen gegenüber Netzbetreiber, Behörden oder Versicherungsgesellschaften gerecht zu werden.

Fachgerechte Inbetriebnahme einer Photovoltaikanlage

Die Inbetriebnahme einer Photovoltaikanlage ist für den Betreiber ein bedeutender Moment. Die Anlage wird erstmals eingeschaltet und beginnt, die erzeugte elektrische Energie entweder in das öffentliche Netz einzuspeisen oder für den Eigenverbrauch bereitzustellen. Doch trotz aller Freude über die Fertigstellung darf nicht vergessen werden, dass die Inbetriebnahme genauso fachgerecht und normkonform erfolgen muss wie die Errichtung der Anlage. Nur durch eine sorgfältige Prüfung und Dokumentation kann sichergestellt werden, dass die Anlage sicher, effizient und regelkonform arbeitet.

Notwendige Prüfungen vor der Inbetriebnahme

Jede Photovoltaikanlage muss während der Errichtung und vor ihrer Inbetriebnahme gemäß den geltenden Normen und Vorschriften geprüft werden. Wesentliche Richtlinien hierfür sind:

  •  VDE 0100-712:2016-10 Anforderungen für Betriebsstätten, Räume und Anlagen besonderer Art – Photovoltaik-(PV)-Stromversorgungssysteme
  • VDE 0126-23-1:2019-04 Photovoltaik (PV)-Systeme – Anforderungen an Prüfung, Dokumentation und Instandhaltung
  • VDE 0100-600:2017-06 Errichten von Niederspannungsanlagen Teil 6: Prüfungen
  • DGUV Vorschrift 3 bzw. Vorschrift 4 Elektrische Anlagen und Betriebsmittel

Bei der Erstprüfung von PV-Anlagen wird zwischen der Wechselstromseite (AC-Seite) und Gleichstromseite (DC-Seite) unterschieden. Für die AC-Seite ist die VDE 0100-600 in aktueller Fassung zu berücksichtigen. Die VDE 0126-23-1 präzisiert die notwendigen Inhalte der Prüfungen für die Gleichstrom-Seite und verweist auf die VDE 0100-600 für die AC-Seite. Die Reihenfolge der Prüfungen ergibt sich auch hier bekanntermaßen aus Besichtigen, Erproben und Messen. Das Besichtigen muss dem Erproben vorausgehen und im Regelfall vor dem Einschalten der Anlage erfolgen.

Sichtprüfung

PV Anlagen Kennzeichnung Die Überprüfung der Photovoltaikanlage umfasst mehrere wesentliche Aspekte. Zunächst wird das Wechselstromsystem inspiziert, um sicherzustellen, dass Trenneinrichtungen vorhanden sind, die Betriebsparameter des Wechselrichters eingehalten werden und eine normkonforme Fehlerstromschutzeinrichtung (RCD) korrekt ausgewählt wurde. Zudem erfolgt eine Kontrolle der Aufschriften und Kennzeichnungen sowohl auf der AC- als auch auf der DC-Seite, um eine eindeutige Identifikation und sichere Handhabung der Anlage zu gewährleisten.
Darüber hinaus wird das Gleichstromsystem auf verschiedene Schutzmaßnahmen geprüft. Dies beinhaltet den Schutz gegen elektrischen Schlag, die Absicherung gegen die Auswirkungen von Isolationsfehlern sowie den Schutz vor Überstrom. Abschließend wird die Anordnung für Erdung und Potentialausgleich gemäß den Vorgaben der IEC 62548 kontrolliert, um eine sichere und normgerechte Installation zu gewährleisten.

Erproben und Messen

Für Systeme, die mit Wechselstrommodulen, Leistungsoptimierern oder anderen Formen von elektronischen Einrichtungen auf der Modulebene aufgebaut sind, muss mit Tabelle 1 die richtige Prüfvorschrift bestimmt werden:

Tabelle 1 - Änderungen der Prüfvorschriften für Systeme mit elektronischen Einrichtungen auf der Modulebene

Die Prüfung der Wechselstromkreise erfolgt gemäß den Anforderungen der VDE 0100-600.
Zusätzlich werden umfassende Prüfungen auf der Gleichstromseite durchgeführt. Dazu gehört die Kontrolle der Durchgängigkeit der Erdungs- und Potentialausgleichsleiter sowie die Überprüfung der Generatoranschlusskästen, insbesondere hinsichtlich der korrekten Polarität der Anschlüsse. Vor der Verbindung der Stränge wird eine Polaritätsprüfung jedes einzelnen Strangs vorgenommen.

Weiterhin werden die Leerlaufspannung und der Kurzschlussstrom jedes Strangs gemessen, um die korrekte Funktion der Anlage sicherzustellen. Eine Funktionsprüfung, beispielsweise durch vergleichende Strommessungen im Betrieb des Wechselrichters, ergänzt die Überprüfung. Abschließend wird der Isolationswiderstand der Gleichstromkreise gemessen, um potenzielle Fehlerquellen frühzeitig zu erkennen.

Die in der VDE 0126-23-1 genannte Reihenfolge der Messungen ist für den Praktiker nicht immer
einzuhalten. Alle Prüfpunkte sollten jedoch in sinnvoller Abfolge durchgeführt werden. Erst nach der Isolationsmessung sollte die Funktionsprüfung mit der Inbetriebnahme des Wechselrichters erfolgen.

Prüfverfahren nach Kategorie 1 und 2

Die Prüfvorschriften für ein PV-Solarsystem müssen an die spezifischen Gegebenheiten des Systems angepasst werden. Dazu gehören dessen Größe, Typ, Lage und Komplexität. In der entsprechenden Norm werden zwei Hauptkategorien von Prüfungen sowie zusätzliche Prüfungen definiert, die nach der Standardprüfreihenfolge durchgeführt werden können.

Die Prüfungen der Kategorie 1 stellen die Mindestanforderung dar und umfassen eine Standardreihe von Prüfungen, die für alle Photovoltaiksysteme verpflichtend sind. Kategorie 2 beinhaltet eine erweiterte Prüffolge, die erst nach erfolgreicher Durchführung aller Prüfungen der Kategorie 1 angewendet werden darf. Ergänzend gibt es zusätzliche Prüfungen, die unter bestimmten Umständen erforderlich oder sinnvoll sein können, um spezifische Anforderungen oder besondere Bedingungen zu berücksichtigen.

Wartung und Betrieb

PV_UnterweisungWiederkehrende Prüfungen nach VDE 0126-23-1 sind erforderlich, um die elektrische Sicherheit und Funktionsfähigkeit der Anlage zu gewährleisten. Diese Prüfungen müssen von einer befähigten Elektrofachkraft durchgeführt werden, die über das notwendige Fachwissen verfügt. Diese regelmäßigen Überprüfungen beinhalten Messungen wie Isolationswiderstände, Erdungswiderstände und weitere sicherheitsrelevante Prüfungen.
Die Prüffristen sollten anhand einer Gefährdungsbeurteilung nach §3 der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) festgelegt werden. Diese Beurteilung hilft, individuelle Risiken der Anlage zu identifizieren und entsprechende Zeitabstände für wiederkehrende Prüfungen festzulegen.

PV-ThermobildRegelmäßige Sichtkontrollen der Photovoltaikanlage sind eine einfache und effektive Maßnahme, um offensichtliche Beschädigungen wie Risse, lockere Verbindungen oder Korrosion frühzeitig zu erkennen. Diese Sichtkontrollen können oft durch den Betreiber oder geschultes Personal durchgeführt werden.
Zusätzlich bieten thermografische Untersuchungen eine Möglichkeit, ungewöhnliche Temperaturänderungen in der Anlage zu erfassen. Solche Veränderungen können auf fehlerhafte Module, defekte Wechselrichter oder andere Probleme hinweisen, die zu Leistungsverlusten oder Sicherheitsrisiken führen könnten.

Fazit

Eine ordnungsgemäße Inbetriebnahme sowie die fachgerechte Abnahme sind die Grundlage für den sicheren und wirtschaftlichen Betrieb einer Photovoltaikanlage. Die Einhaltung aller relevanten Normen und Sicherheitsvorgaben stellt sicher, dass die Anlage nicht nur effizient arbeitet, sondern auch zuverlässig und risikofrei betrieben werden kann.
Eine detaillierte und umfassende Dokumentation ist unerlässlich. Sie dient nicht nur als Nachweis der korrekten Installation, sondern ist auch von entscheidend für Wartungsarbeiten und wiederkehrende Prüfungen. Nur durch regelmäßige Überprüfung und Pflege kann die langfristige Leistungsfähigkeit der Anlage sichergestellt werden. Die Dokumentation gewährleistet zudem, dass bei Störungen oder geplanten Arbeiten jederzeit alle notwendigen Informationen zur Verfügung stehen, um schnell und effektiv reagieren zu können.

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