Die 5 Sicherheitsregeln
| Walter Voltenauer | Normen & Regelwerke, Sicherheit
Arbeiten an elektrischen Anlagen sind in der Regel im spannungsfreien Zustand durchzuführen, siehe Durchführungsanweisung zur DGUV Vorschrift 3 § 6 Abs. 2. Für im Bereich der Elektrotechnik tätige Personen, z. B. Elektrofachkräfte (EFK), Elektrofachkraft für festgelegte Tätigkeiten (EFKffT) und Elektrotechnisch unterwiesene Personen (EuP) gelten die 5 Sicherheitsregeln, die auch detailliert in Kapitel 5 der DGUV Information 203-001 „Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen“, sowie in Kapitel 6.5 der DIN VDE 0105-100 „Betrieb von elektrischen Anlagen – Teil 100: Allgemeine Festlegungen“ genauer beschrieben sind.
Sie sollten diese sogenannten 5 Sicherheitsregeln verinnerlicht haben. „Zahlen des Instituts zur Erforschung elektrischer Unfälle bei der BG ETEM belegen allerdings, dass viele Unfälle entstehen, weil die Regeln nicht beachtet werden“. Vorgesetzte und Sicherheitsfachkräfte/-beauftragte sollten deswegen immer wieder auf die 5 Sicherheitsregeln aufmerksam machen. Zudem sollte das Wissen in regelmäßigen Schulungen und Unterweisungen aufgefrischt werden.
Arbeiten im spannungsfreien Zustand
Bei Arbeiten im spannungsfreien Zustand gelten die wesentlichen Anforderungen der sogenannten „ 5 Sicherheitsregeln“. Bei Einhaltung dieser Regeln wird der spannungsfreie Zustand an der Arbeitsstelle für die Dauer der Arbeit hergestellt und vor allem sichergestellt.
Die 5 Sicherheitsregeln für das Errichten und Betreiben elektrischer Anlagen dienen der Verhütung von Unfällen durch elektrischen Strom. Wer elektrische Betriebsmittel (z. B. auch Werkzeuge, Spielzeuge, Haushaltsgeräte) herstellt oder elektrische Anlagen errichtet oder betreibt, hat beim Errichten, Instandsetzen und Warten von Anlagen Gesetze, Vorschriften und Bestimmungen (siehe Auflistung weiter unten) zu beachten. Um Risiken, Verwechslungen und Gefahren eines Stromunfalls für die im Bereich der Elektrotechnik tätigen Personen möglichst gering zu halten, muss der Arbeitsbereich eindeutig festgelegt und zur Herstellung des spannungsfreien Zustands und zum Erhalt des spannungsfreien Zustands für die gesamte Dauer der Arbeiten an den jeweiligen elektrischen Anlagen die „5 Sicherheitsregeln“ eingehalten werden. Diese sind:
1. Freischalten
2. Gegen Wiedereinschalten sichern
3. Spannungsfreiheit feststellen
4. Erden und kurzschließen
5. Benachbarte, unter Spannung stehende Teile abdecken oder abschranken
Was genau die Begriffe bedeuten und welche Vorbereitungen Sie zum Arbeiten in der Elektrotechnik treffen sollten lesen Sie im Folgenden:
1. Freischalten
Als Freischalten bezeichnet man das allseitige (allpolige) Ausschalten oder Abtrennen eines Betriebsmittels (z. B. Anlage) oder eines Stromkreises von anderen Betriebsmitteln oder Stromkreisen durch Trennstellen, die den zu erwartenden Spannungsunterschieden zwischen dem Betriebsmittel oder dem Stromkreis und anderen Stromkreisen standhalten können. Das Freischalten erfordert ein konsequentes Vorgehen und zugleich Kenntnisse über die freizuschaltenden Bereiche. Das Freischalten bezieht sich entweder auf das Abtrennen oder allseitige Ausschalten von verschiedenen Betriebsmitteln und von allen nicht mit dem Erdpotential verbundenen Leitern.
2. Gegen Wiedereinschalten sichern
Sämtliche Schaltgeräte, mit denen die jeweilige Arbeitsstelle unter Spannung gesetzt werden kann, sind gegen Wiedereinschalten zu sichern. Hilfsenergien, welche zum Schalten benötigt werden, müssen unwirksam gemacht werden. Des Weiteren sind auch andere Energien z. B. Hydraulik, Pneumatik zu beachten.
An der Schaltstelle ist unbedingt ein Schaltverbotsschild anzubringen und so zu befestigen, dass es nicht abfallen oder aufgrund schwacher Magnete verrutschen kann.
Herausgenommene Sicherungseinsätze z. B. „DO“, „D“ oder „NH“ müssen sicher verwahrt werden, so dass kein Unbefugter sie wiedereinsetzen kann, wobei darauf zu achten ist, dass bei demontierter Schraubkappe die Gefahr besteht, aktive Teile am Fußkontakt zu berühren. Es empfiehlt sich, Sperrelemente oder Riegel wie z. B. isolierte und nur mit einem Spezialsteckschlüssel zu entfernende Sperrstöpsel oder Blindelemente zu verwenden.
3. Spannungsfreiheit feststellen
Das Feststellen der Spannungsfreiheit ist eine technische Maßnahme, die unmittelbar an oder so nah wie möglich an der Arbeitsstelle allpolig durchzuführen ist. Hierfür sind im Niederspannungsbereich zweipolige Spannungsprüfer nach EN 61243-3 einzusetzen. Zweipolige Spannungsprüfer sollten mindestens der Kategorie CAT III entsprechen. Die korrekte Funktion des Spannungsprüfers ist vor und nach dem Messen der Spannungsfreiheit an einem unter Spannung stehenden Stromkreis zu überprüfen. Bei Hochspannungsprüfern ist darauf zu achten, dass diese der EN 61243 -1, EN 61243 – 2 oder EN 61243 – 5 entsprechen. Diese sind wiederkehrend zu prüfen. Die sichere Benutzung der jeweiligen Spannungsprüfertypen erfordert eine Unterweisung anhand einer Arbeitsanweisung (Resultat aus einer Gefährdungsbeurteilung) des elektrotechnischen Personals.
Gut zu wissen – Restenergie: Achtung, nach dem Freischalten könnten Teile der Anlage noch immer unter Spannung (Restenergie) stehen, z. B. Kondensatoren, Kabel und Leitungen. Diese müssten dann mit geeigneten Betriebsmitteln entladen oder die Entladezeit (unbedingt Herstellerangaben beachten) abgewartet werden! Danach ist an diesen Teilen ebenfalls die Spannungsfreiheit festzustellen. Auch Hilfsenergien, welche zum Schalten benötigt werden, sind unwirksam zu machen. Des Weiteren sind auch andere Energien z. B. Hydraulik, Pneumatik zu beachten.
4. Erden und Kurzschließen [EuK]
Grundsätzlich ist an Hochspannungsanlagen und auch an bestimmten Niederspannungsanlagen der Bereich der Arbeitsstelle zu erden und kurzzuschließen. Die Erdungs- und Kurzschließeinrichtung muss erst an der Erdungsanlage angeschlossen werden. Danach sind die zu erdenden aktiven Leiter anzuschließen. Der Rückbau erfolgt in umgekehrter Reihenfolge.
Sind die Erdungs- und Kurzschlussgarnituren nicht von der Arbeitsstelle aus sichtbar, sind diese so anzubringen, dass sie wahrgenommen werden können. Zwingend notwendig ist auch die korrekte Dimensionierung der EuK – Garnitur. Bei einem Kurzschluss können enorme magnetische Kräfte auftreten, die die Leitungen mechanisch stark beanspruchen. Daher ist die Befestigung der Erdungsgarnituren unbedingt nach Herstellerangaben durchzuführen.
5. Benachbarte, unter Spannung stehender Teile abdecken oder abschranken
Zum Abdecken unter Spannung stehender Teile können in Niederspannungsanlagen isolierende Tücher, Schläuche oder Formstücke mit entsprechender Zulassung (Kennzeichnung mit Isolator oder Doppeldreieck) verwendet werden.
Sind besondere Schutzmittel anzubringen, ist hierfür entweder der spannungsfreie Zustand herzustellen oder es sind die Festlegungen für das „Arbeiten unter Spannung“ anzuwenden.
Freigabe zur Arbeit
Erst nach Durchführung der 5 Sicherheitsregeln darf die Arbeitsstelle durch den Arbeitsverantwortlichen (AV) freigegeben werden. Die wichtigste Voraussetzung im Vorfeld ist die Durchführungserlaubnis durch den Anlagenverantwortlichen (ANLV). Der ANLV + AV kann in Personalunion die gleiche Person sein.
Insbesondere zu beachtende Regelwerke bei dem Thema
• DGUV Vorschrift 1 (Grundsätze der Prävention)
• DGUV Regel 103-011 (Elektrische Anlagen und Betriebsmittel)
• DGUV Information 203-001(Sicherheit bei Arbeiten an elektrischen Anlagen)
• DIN VDE 0105-100 (Betreiben elektrischer Anlagen)
• DIN VDE 0132 (Brandbekämpfung und technische Hilfeleistungen)
• DGUV Vorschrift 3
Hinweis:
Weil es fundamentale Regeln für das sichere Arbeiten im Elektrobereich sind, haben wir sie nicht nur aufgeschrieben, sondern auch in einem kleinen Video dargestellt
Video 5 Sicherheitsregeln anschauen
Allen, die es etwas drastischer mögen empfehlen wir unser millionenfach geklicktes Video „Elektriker Horst“.
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